Seelische Erkrankungen auf dem Vormarsch

Betriebe können vorbeugen

Auch die Psyche kann leiden

Schwere körperliche Arbeit, Staub, Schmutz, Hitze und Lärm – das sind spürbare Belastungen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Metallhandwerk. Außerdem sind Arbeitsverdichtung und Zeitdruck in den Betrieben gestiegen.

Körperliche Belastungen lassen sich durch eine Reihe technischer und organisatorischer Maßnahmen vermindern. Anders sieht es beim Thema psychischer Belastungen aus. Hier spielen „weichere“ Faktoren eine Rolle: Fühlen sich die Beschäftigten wohl im Betrieb? Gibt es nur Rückmeldungen vom Chef, wenn Fehler gemacht wurden? Gibt es ein funktionierendes Team und klare Entscheidungswege? Welches Vorbild geben Führungskräfte beim gesundheitsbewussten Arbeiten?

Psychische Erkrankungen nehmen zu

Mit einem Krankenstand von 5,8 Prozent erreichten die Fehlzeiten bei den Beschäftigten im Jahr 2019 einen neuen Höchststand, so der aktuelle BKK Gesundheitsreport 2020. Demnach geht fast jeder sechste Fehltag mittlerweile auf eine psychische Erkrankung zurück. Damit liegen die psychischen Störungen hinter den Muskel-Skelett-Erkrankungen sowie den Atemwegserkrankungen als Krankheitsursache auf dem dritten Platz. Verglichen mit den Werten von 2008 haben sich die Fehlzeiten aufgrund psychischer Störungen mehr als verdoppelt.

Grundsätzlich, da sind sich Experten verschiedener Studien einig, ist Arbeit zunächst einmal gut für die seelische Gesundheit und Arbeitnehmer sind in dieser Hinsicht gesünder als Menschen ohne Arbeit. Doch es gibt auch Gefährdungsfaktoren für psychische Erkrankungen durch die Arbeit.

Psychische Gefährdungsbeurteilung ist Pflicht

Seit der Novellierung des Arbeitsschutzgesetzes 2013 sind Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht nur vor körperlichen Gefährdungen zu schützen, sondern auch vor psychischen Gefährdungen, denen sie bei der Arbeit ausgesetzt sein können. Ziel der psychischen Gefährdungsbeurteilung ist es, auf der Grundlage einer „Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdung zu ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind“. (Arbeitsschutzgesetz, Paragraf 5)

Prävention auch ökonomisch wichtig

Es liegt auf der Hand: Wenn die Fehlzeiten aufgrund seelischer Krankheiten zunehmen, ist dies auch ein bedeutender Kostenfaktor für Unternehmen. Dazu kommt der bekannte Effekt der demografischen Entwicklung. Ältere Arbeitnehmer werden danach zwar weniger krank, dafür benötigen sie aber mehr Tage, um wieder gesund zu werden.

Auch wenn psychische Belastungen und Erkrankungen nicht nur auf Probleme im Betrieb zurückzuführen sind, gibt es doch einige Stellschrauben für Führungskräfte im Betrieb, um Verbesserungen bewirken zu können. Damit erzielen sie nachweisbare Effekte wie die Verringerung der Fehlzeiten und Fluktuation sowie eine Steigerung der Leistungsbereitschaft.

Der BKK-Gesundheitsreport 2019 benennt als „potenziell krank machende Faktoren unter anderem „hohe Arbeitsintensität, geringer Tätigkeitsspielraum, mangelnde Gerechtigkeit/ Belohnung und mangelnde soziale Unterstützung.“ Als ein weiterer Faktor werden auch „Führungsdefizite“ genannt.

Gesunde Führung – motivierte Mitarbeiter

Bei der anonymen Befragung von Beschäftigten im Projekt „Metall gesund“ 2020 gaben 84 Prozent der Befragten an, dass ihre Arbeit hohe Konzentrationsfähigkeit erfordere und sie eine hohe Verantwortung bei der Arbeit mit Maschinen (49 Prozent) hätten. 63 Prozent konstatieren ein hohes Arbeitstempo, Zeitdruck und Hektik. Gleichzeitig gaben über die Hälfte (56 Prozent) an, sich unzureichend von Vorgesetzten informiert zu fühlen. 49 Prozent beklagten eine fehlende Wertschätzung ihrer Chefs – ein (zu) hoher Wert.

Die Berufsgenossenschaft Holz und Metall (BGHM) bekräftigt, worauf auch Studien hinweisen: „Herrscht ein gutes Betriebsklima, gehen die Menschen gern zur Arbeit. Alle übernehmen Verantwortung und stehen füreinander ein. Beschäftigte, die sich an ihrem Arbeitsplatz wohlfühlen, weil ihre Leistung wertgeschätzt wird, melden sich seltener krank. Die Arbeitsleistung steigt, wenn die Beschäftigten motiviert sind und sich dem Unternehmen zugehörig fühlen.“ (Betriebsklima: Was ein gutes Betriebsklima ausmacht und wie Sie es erzielen können, BGHM 2018)

Und in einer Veröffentlichung der „Initiative Gesundheit und Arbeit“, einem Zusammenschluss von Gesetzlichen Krankenkassen und Unfallversicherungen, heißt es: „Eine zentrale Rolle nehmen dabei die Führungskräfte ein. Ihre Kompetenzen hinsichtlich gesundheitsförderlicher Führung entscheiden mit darüber, ob die Beschäftigten die veränderten Anforderungen als Herausforderung annehmen und bewältigen oder als Überforderung erleben und scheitern. Dabei ist für Beschäftigte besonders wichtig, welches Maß an Unterstützung sie von ihren Vorgesetzten erfahren.“ (iga.report 2015)

Was müssen / können Unternehmer und Führungskräfte tun?

  • Gefährdungsbeurteilungen für psychische Gesundheit erstellen (Pflicht)
  • „Self Care“ – Gesundheitsförderliches Arbeiten vorleben
  • Entscheidungen transparent vermitteln, informieren
  • Beschäftigten regelmäßige Feedbacks geben – nicht nur bei Fehlern
  • Ideen der Beschäftigten konstruktiv einbeziehen – Verantwortung teilen
  • Loben - Fragen - Probleme ansprechen

Was können die Beschäftigten selbst tun?

  • „Self Care“ - auf die eigene Gesundheit achten
  • Vorgesetzte auf Überlastungen bei der Arbeit hinweisen
  • Probleme und Konflikte im Betrieb offen und angemessen ansprechen
  • Konstruktive Lösungsvorschläge machen
  • Unterstützung annehmen und Unterstützung geben

Was können Unternehmer und Beschäftigte gemeinsam tun?

  • Konflikte ansprechen und miteinander nach Lösungen suchen
  • Freundlichen und respektvollen Umgang pflegen
  • Miteinander reden!